Ein Wohnungswechsel ist mit viel Arbeit verbunden. Doch nicht jeder hat unendlich viel Zeit. Besonders Berufstätige müssen frühzeitig mit dem Packen der Umzugskartons beginnen, um alle Arbeiten wie geplant über die Bühne zu bringen. Wie schön wäre es, wenn es wenigstens am Umzugstag einen Tag bezahlten Sonderurlaub geben würde … Die schlechte Nachricht: Es gibt keinen Sonderurlaub für einen Umzug. Die gute Nachricht: In einigen Fällen gibt es diesen doch.
Sonderurlaub bei Umzug: die rechtlichen Grundlagen
In den meisten Fällen gehen Arbeitnehmer leer aus. Zwar regelt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), wann diese Anspruch auf einen Sonderurlaub haben. Der entsprechende Paragraf 616 nennt jedoch nicht den Wohnungswechsel. Dort heißt es:
„Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. […]“
Im Allgemeinen sind darunter Todesfälle in der Familie, besondere Belastungen durch zum Beispiel Krankheit von Kindern, die eigene Heirat oder eine gerichtliche Vorladung zu verstehen. Sonderurlaub für einen Umzug fällt nur dann unter diese Regelung, wenn der Wohnungswechsel dienstlich erforderlich ist. Das ist zum Beispiel bei einer Versetzung in eine andere Stadt der Fall. Voraussetzung: Der Umzug muss während der Arbeitszeit stattfinden.
Umzug: Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen Arbeitsverträge regeln Sonderurlaub
Neben der Gesetzesgrundlage des BGB existieren jedoch je nach Branche und Arbeitsplatz weitere Regelungen, die einen Sonderurlaub im individuellen Fall ermöglichen können. Daher sollte jeder Betroffene frühzeitig prüfen, ob eine solche Vereinbarung für seinen Fall existiert und relevant ist. Dazu zählen unter anderem:
- Tarifverträge
Tarifverträge der einzelnen Branchen können verbindliche Regelungen beinhalten, ob ein Arbeitnehmer Anspruch auf eine zusätzliche bezahlte Freistellung bei einem Wohnungswechsel hat. So enthält der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) einen allgemeinen Verweis auf das BGB, ohne diesen jedoch zu konkretisieren. § 29 TVöD spricht aber solchen Personen einen Tag bezahlten Sonderurlaub zu, die aus dienstlichen Gründen umziehen müssen. Andere Tarifverträge wie zum Beispiel der Manteltarifvertrag der IG Metall Bayern regeln ebenfalls das Recht auf Sonderurlaub bei Umzügen. - Betriebsvereinbarungen
Darüber hinaus können Unternehmen das Thema Sonderurlaub bei einem Umzug in einer Betriebsvereinbarung behandeln. Ein Beispiel ist die Arbeitsordnung (AO) von Siemens, die Mitarbeitern eine entsprechende Freistellung zuspricht. - Arbeitsverträge
Auch Arbeitsverträge können Passagen zum Thema Sonderurlaub beinhalten. Ist der Umzug genannt, kann der Arbeitnehmer eine Freistellung beantragen. Fehlt dagegen eine solche Regelung, gibt es keinen vertraglich gesicherten Anspruch.
Leider enthält ein wichtiges Gesetz keine Regelung zum Thema: Das Bundesurlaubsgesetz. Dieses gibt zwar klare Richtlinien rund um das Thema Urlaub vor. Das Thema Umzug lässt es jedoch aus.
Umzug: Ist Sonderurlaub auch ohne rechtliche Grundlage möglich?
Im Idealfall ist also über ein Vertragswerk geregelt, ob ein Arbeitnehmer Sonderurlaub für einen Umzug beantragen kann und dieser bewilligt werden muss. Doch das ist nicht immer der Fall. Dennoch bedeutet dies nicht, dass ein Betroffener „leer ausgehen“ muss. Denn es gibt noch andere Wege, unter Fortzahlung des Gehaltes einen oder zwei Tage zusätzlich frei zu bekommen.
Geschickte Diplomatie für eine Freistellung zum Umzugstag
Mit geschicktem Vorgehen kann ein Arbeitnehmer dennoch für die Zeit des Umzugs freigestellt werden. Dazu ist es ratsam, sich zunächst mit Kollegen und dem Betriebsrat auszutauschen, ob jemand bereits in der Vergangenheit Sonderurlaub bekommen hat. Mit dem Wissen ist es leichter, die Chancen einzuschätzen.
Grundsätzlich führt jedoch an ein Gespräch mit dem Vorgesetzten kein Weg vorbei. Dieser lässt sich leichter überzeugen, wenn die Situation am Arbeitsplatz dem Wunsch des Arbeitnehmers nicht entgegensteht. Ein Antrag auf Sonderurlaub hat größere Chancen, wenn
- die Kollegen nicht zusätzlich belastet werden, also die Arbeit – auch mit Überstunden – vor- und nachgeholt wird.
- der Betroffene in der Vergangenheit sehr zuverlässig war, wenige Fehlzeiten durch Krankheit hatte oder besonders gute Ergebnisse geliefert sowie Schichten für Kollegen übernommen hat.
- der Betroffene glaubhaft darauf hinweist, dass der Partner nur an diesen Tage frei bekommt und der Umzug nur gemeinsam zu schaffen ist.
- der Arbeitnehmer bei persönlichen Motiven wie einer Trennung vom Partner offen die Notwendigkeit des Umzugs verdeutlicht.
- der Betroffene zusichert, den nicht üblichen, aber gewährten Sonderurlaub nicht zu kommunizieren und somit keinen Präzendenzfall zu schaffen.
Mit diesen und ähnlichen Argumenten lassen sich Vorgesetzte leichter überzeugen. Dennoch besteht kein Recht auf eine bezahlte Freistellung. Daher sollten Arbeitnehmer während des Gesprächs auch bei einem negativen Verlauf Ruhe bewahren. Sollte der Antrag nicht genehmigt werden, kann der Betroffene mit dem zuständigen Vorgesetzten über mögliche Alternativen sprechen. Keinesfalls sollte er dem negativen Beschied eine Krankmeldung am Umzugstermin folgen lassen. Das wäre durchsichtig und für eine weitere stressfreie Zusammenarbeit wenig förderlich.
Alternativen zum Sonderurlaub für einen Umzug
Wenn alle Stricke reißen, gibt es bei einem Wohnungswechsel Alternativen zum Sonderurlaub. Denn es bleibt Arbeitnehmern unbenommen, eine der folgenden Möglichkeiten zu nutzen:
- Urlaub einreichen: Arbeitnehmer können für die Umzugszeit Urlaub einreichen. Es gibt kein Verbot, den Erholungsurlaub für einen Wohnungswechsel zu nutzen. Allerdings können betriebliche Belange zu einer Ablehnung des Antrags führen. Der Vorteil beim regulären Urlaub ist, dass Umziehende gleich mehrere Tage frei nehmen können. So schaffen Sie den Umzug stressfreier und können die Umzugskartons in Ruhe ein- und wieder auspacken.
- Überstunden nutzen: Wenn ein Arbeitnehmer eine ausreichende Anzahl Überstunden angesammelt hat, kann er diese nutzen. Dazu ist eine Genehmigung des Vorgesetzten erforderlich.
- Antrag auf unbezahlten Urlaub: Grundsätzlich kann jeder Arbeitnehmer einen Antrag auf unbezahlten Urlaub stellen. Das bedeutet: Für die Dauer des Fernbleibens zahlt der Arbeitgeber kein Gehalt. Das ist speziell bei einem mit zum Teil erheblichen Kosten verbundenen Wohnungswechsel ein Nachteil, kann aber bei fehlenden nutzbaren Alternativen oder aufgebrauchtem Urlaubsanspruch ein Ausweg sein. Der Arbeitgeber muss jedoch zustimmen.
- Umzug an einem Wochenende: Es ist zwar teurer, aber ein Umzug am Wochenende ist eine Alternative für alle Personen, die weder eine Freistellung, noch regulären Urlaub erhalten können.
In den meisten Fällen ist der Arbeitnehmer auf das Verständnis und das Wohlwollen des Arbeitgebers angewiesen. Diese Alternativen zum Sonderurlaub für einen Umzug sind jedoch ein Kompromiss, mit dem beide Seiten in der Regel gut leben können. Solange es keinen Rechtsanspruch gibt, werden Betroffene auf eine dieser Optionen zurückgreifen müssen.
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